Die Vereinschronik ist lebendige Geschichte des Stadtteils Vinn, ist der Verein doch auch heute noch der einzige – rein hier ansässige – Verein. Gegründet wurde er zu einer Zeit, da Moers – vor
allem in diesem Bereich – noch rein „ländlich-sittlich“ geprägt war. In Vinn gab es etwa 30 Bauernhöfe.
Vinn war 1903 noch „Landbürgermeisterei Vinn“.
Am 1. April 1906 wurden die Landbürgermeistereien Asberg, Hülsdonk, Hochstraß, Schwafheim und Vinn mit der Stadt Moers vereinigt.
Aber es war auch eine Zeit des Aufbruchs. Die „neue“ Volksschule an der Vinner Straße war im Bau (für 8 Schuljahre), ca. 3 Jahre zuvor entstand – fast in der Nachbarschaft hierzu – die Gaststätte „Zur Linde“ Ramacher / Wahlen. Ja, und genau hier beginnt der zweite Anlauf nach 1890. Dort saßen die Vorfahren zusammen und, was immer notwendig ist, sprachen miteinander. Ergebnis: Eine Anzeige im „Grafschafter“ vom 24. Februar 1903. Eingeladen wurde zur Gründungs-Versammlung am Sonntag, dem 1.3.1903. Bürokratie gab’s auch schon im Kaiserreich.
Oktober 1903 wurden die Statuten des „Schießvereins Vinn zu Moers – Vinn“ vom Bürgermeister Craemer abgezeichnet und im „Grafschafter“ veröffentlicht. Der Verein zählte 35
Mitglieder. Vereinslokal war selbstverständlich die Gaststätte Ramacher, und die Schützen fühlten sich dort – bis zum Umzug ins eigene Schützenhaus – recht wohl.Die Gründer waren ausschließlich
gestandene Männer mit wohlbestelltem Haus. Die Frauen zierten die Feste und leisteten die Hintergrundarbeit – entsprechend dem Zeitgeist.
Die Jugend durfte bis zum Mannesalter warten. Bekannte Namen wie Gerhard Biefang, Hermann und Wilhelm Ortmann sen., Gerhard Paschmann (dessen Tochter Else den Herrn Werth zur Osten in Vinn
heimisch werden ließ / Vater des 1. Vorsitzenden), Wilhelm Berns (dessen Tochter Guste den späteren Vorsitzenden Johann Altenschmidt heiratete), Heinrich Rümeltgen, Gerhard Göntgen, Friedrich
Bongardt sen., Peter Plängsken, die Gebr. Knüfelmann u.a. Ludwig Lanow wurde zum 1. Vorsitzenden gewählt, zum Schießmeister und Hauptmann Johann Bruckhaus. Der Monatsbeitrag betrug 25
Pfg.
Durch Sammlungen und Spenden konnten sich die Schützen bereits 1907 –
für stolze 500,-- Mark – eine Fahne leisten, gekauft wurden auch einheitliche Mützen. Mit vielen Freunden aus 15 umliegenden Vereinen wurde am Sonntag nach Pfingsten Schützenfest gefeiert – noch ohne König -. Zitat aus dem „Grafschafter“ vom 10.6.07:
"Nachdem Frl. Lanow ein kurzes Gedicht gesprochen hatte, leitete Herr Bürgermeister Craemer den Enthüllungsakt ein. …… Ueb’ Aug’ und Hand fürs Vaterland ….. Durch ein dreifaches
„Hoch“ bekräftigen alle das Gelöbnis, treu zum Vaterland zu stehen "
Von jetzt an wurde jedes Jahr Schützenfest gefeiert. Während des 1. Weltkrieges ruhte die Vereinsarbeit und konnte 1920 erst wieder aufgenommen werden. Gerhard Dormann übernahm den Vorsitz.
1924 feierten die Schützen wieder Schützenfest und seit dieser Zeit mit König. (Die Reihe der Könige verdient eine eigene Seite, man beachte: seit 1953 fehlt kein Jahr). Bis zur nächsten großen Pause 1939 folgten im Vorsitz: Dietrich Lissen, K. Millinghaus, Math. Hüsges, Gerhard Hegger, Heinrich Achterberg und Gerhard Kleinophorst.
Die Vereinsunterlagen überstanden zwar den Krieg mit allen Wirren, wurden aber durch die einmarschierenden Alliierten am 3.3.1945 im Vereinslokal beschlagnahmt und einschließlich Fahne, -stock
und –schrank vernichtet. Die Chronik stützt sich – neben dem „Grafschafter“ – auf ein Gedächtnisprotokoll der Schützen vom 20.10.1949.
Erwähnt findet sich darin, dass zum 25-jährigen Vereinsjubiläum der Bürgermeister und alle Bauern persönlich eingeladen wurden. 1949 wurde – weiter unter dem Vorsitz von Gerhard Kleinophorst – die Vereinsarbeit wieder aufgenommen.
1953 – zum 50-jährigen Bestehen – gab es nach 3 Meisterschützen den 1. Nachkriegskönig und eine neue Fahne. Es war ein echter Grund zum Feiern mit vielen Freunden der näheren Umgebung und großem Festzug.
1954 übernahm Fritz Kleinophorst die Vereinsführung und sodann Johann Altenschmidt. Unter seiner Regie beschlossen die Schützen am 1. März 1964 eine neue Satzung, und der Verein
wurde ins Vereinsregister beim Amtsgericht Moers eingetragen. Am 24.11. erfolgte dann die Aufnahme in den Stadtverband für Leibesübungen Moers, dem heutigen Stadtsportverband Moers. Damit waren
die Grundlagen für einen zeitgemäßen modernen Verein gelegt.
1965 kam es zur Wahl eines komplett neuen Vorstandes. Die Wahl war mutig:
Fritz Werth zur Osten übernahm als jüngster Vorsitzender im Gebiet des Rheinischen Schützenbundes die Zügel. 73 Mitglieder zählte der Verein. Gezielte Mitgliederwerbung und die Aktivitäten führten zu starken Zuwächsen. Es darf natürlich auch nicht das Bevölkerungswachstum in Vinn übersehen werden. Es wuchsen natürlich auch die Wünsche.
So kam es 1967 zum Bau eines Vogelmastes am Vereinslokal Wahlen. Nun konnten die Schützen mit dem Kleinkaliber dem Holzvogel zu Leibe rücken.
Die wachsende Kinderzahl in Vinn führte zum Bau der Reichweinschule. In der allgemeinen Brauchtumspflege fehlte hier der Martinszug. Die Vinner Schützen übernahmen die Initiative und richteten
diesen 1968 zum ersten Mal aus. Unter ihrer Regie erfreut er sich noch heute großer Beliebtheit. Leider schrumpfte lediglich die Zahl der Kinder auf fast die Hälfte. Herzlichen Dank an dieser
Stelle der Vinner Bevölkerung, die durch die Spenden bei der jährlichen Haussammlung das Füllen der Tüten pp ermöglichte und der Reichweinschule dafür, dass die Schützen all die Jahre dort die
Räumlichkeiten und den Schulhof nutzen durften. Intern im Verein fand sich in demselben Jahr erstmals die Reisegemeinschaft zusammen. Urlaubsreisen waren damals wirklich noch nicht
selbstverständlich. Die Aktion „politische Bildung“ unterstützte Fahrten nach Berlin und in die „Zonenrandgebiete“. Die Bedingungen waren erfüllbar. Die – auch heute noch allen Vereinsmitgliedern
offenen - Fahrten erfreuen sich immer noch großer Beliebtheit.
1978 bot das 75-jährige Bestehen des Vereins Gelegenheit, 5 Tage lang groß zu feiern, selbstverständlich wieder mit den Freunden der umliegenden Vereine. Zur Feier wurde eigens
eine Medaille geprägt.
"Sportlich waren es herausragende Jahre. Wünsche bleiben, das ist auch wesentlich."
Wieder einmal war es das Fernweh, erbeten wurde ein Partnerverein. Da trafen sich die Gedanken mit denen eines Vereins an der deutsch-französischen Grenze. Eine Partnerschaft wurde begründet mit
den Schützen aus Großrosseln und dem angrenzenden Petit Roselle. Leider schliefen diese Beziehungen Mitte der 90er Jahre ein.
Viele Schützen wohnten inzwischen nicht mehr in Vinn und nächster Umgebung. Um allen das Vereinsleben ein wenig näher zu bringen und sie auf dem Laufenden zu halten, brachten die Schützen 1986
eine eigene Zeitung „Im Visier“ heraus, die jährlich bzw. halbjährlich über das Vereinsgeschehen unterrichtet.
1993 wurde – entsprechend dem städtischen Geschehen – eine Partnerschaft mit dem neu gegründeten Schützenverein in Seelow gegründet. Hier bestehen auch heute noch gute
Beziehungen. Der Weg ist leider immer etwas weit.
1992 stellt die Ausrichtung des 41. Rheinischen Schützentages einen weiteren Höhepunkt im Vereinsleben dar. Das Gebiet umfasst das der ehemaligen preußischen Rheinprovinz, es
reicht im Süden bis nach Idar-Oberstein und Worms. Viele Gäste durfte Moers aus nah und fern begrüßen. Als Festredner konnten die Schützen Hanns Dieter Hüsch gewinnen. Den Kernpunkt seiner Rede
sollte man hier noch einmal wiederholen
"Heimat, das ist nichts Materielles, Heimat das ist Kirmes und Schützenfest."
Zu Gast war auch der Brandenburgische Schützenbund.
Nach dem Festumzug durch die Stadt am Samstag wurde in einer ökumenischen Feier dessen neues Landesbanner geweiht. Im Übrigen gab es auch zu diesem Anlass eine Medaille.
1998 hieß es sodann hinaus in die Ferne . Mit 70 Teilnehmen fuhr der Verein für 11 Tage zur Steubenparade nach New York, ein unvergessliches Erlebnis.
Seit 1962 gibt es das Ostereierschießen, „Uralt“ schon dagegen das Nikolausschießen . Hier wurden die Schützenfrauen aktiv.
2000 ergänzten sie zunächst den Vorweihnachtstreff um einen Adventsbasar.
2001 kam der „Ostermarkt“ hinzu, beide Initiativen – mit Liebe und Kreativität aufgezogen – wurden gut und dankbar angenommen.
Sparclub und Lottotippgemeinschaft (gesucht wird die Zusatzzahl) locken seit Jahren die Schützen ins Schützenhaus.
Eine Reihe anderer Aktivitäten verdienen einen eigenen Bericht und fehlen deshalb hier. Aber – und darauf sind wir stolz: Schützen stehen auch für Brauchtumspflege und Jahrhunderte alte
Traditionen. Hier galt es, sie darzustellen –auch als Dank an die Vätergeneration, die uns Heutigen dieses Gut als Erbe anvertraut hat.
Ein Vortrag des Ehrenvorsitzenden
Fritz Werth zu Osten
(1.Vorsitzende 1965 - 2005)